Rücktritte in Brandenburgs Landesregierung | Home

Willkommen und Abschied - eine Chronik

 

   
29. Oktober 1992

Nur zwei Jahre nach ihrem Amtsantritt verabschiedet sich Brandenburgs erste Bildungsministerin Marianne Birthler (Bündnis 90/Grüne) aus der ersten ostdeutschen Ampelkoalition von Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD). Die frühere evangelische DDR-Bürgerrechtlerin kann sich mit Stolpes "Salamitaktik", seine Stasikontakte lange Zeit nur zögernd einzuräumen, nicht anfreunden. Nachfolger Birthlers wird Bildungsminister Roland Resch (Bündnisgrüne). Die Ampel-Koalition hält bis April 1994 und zerbricht dann an der unvereinbaren Bewertung von Stolpes Stasi-Kontakten (Bündnis-Fraktionschef Günther Nooke: "Der König ist nackt.") Bis zur Neuwahl im September regiert Stolpe mit einer SPD-FDP-Minderheitsregierung, die von der PDS toleriert wird. Umweltminister Matthias Platzeck überlebt als einziges B 90-Mitglied politisch als Minister und wechselt kurz darauf in die SPD.

 

  Streit um die jahrzehntelangen Stasi-Kontakte des DDR-Kirchenjuristen Stolpe
5. August 1993

Jochen Wolf (SPD) tritt als Bauminister zurück, nachdem er in den Sog von Vorwürfen geraten ist, ihm sei auf dubiose Weise ohne Bezahlung privat ein Grundstück vermittelt worden. Dem Immobilienmakler werden angeblich Verbindungen zum Dunstkreis des ehemaligen Stasi-Devisenimperiums Kommerzielle Koordinierung (KoKo) im Antiquitätensektor nachgesagt. Nachfolger Wolfs wird am 1. September Bauminister Hartmut Meyer (SPD). Wolf landet später nach einem Beziehungsdrama im Gefängnis.

 

  dubiose Immobilienvermittlung
September 1994

Margrit Spielmann (SPD), Sozialdezernentin in Brandenburg an der Havel, lässt sich von Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) bitten, nach dem Zerbrechen der Ampelkoalition und angesichts der bei der Septemberwahl erreichten absoluten Landtagsmehrheit für die Sozialdemokraten als Bildungsministerin in das neue Kabinett einzutreten. Stolpe stellt Spielmann sogar bereits öffentlich als Ministerin in spe vor. Kurz vor der Vereidigung verzichtet sie aus persönlichen Gründen, gibt ihrem verdutzten Regierungschef einen Korb und entzieht sich überraschend der bevorstehenden Verantwortung als Ministerin. Stolpe beruft Angelika Peter (SPD) zur neuen Bildungsministerin, nachdem der Koalitionspartner Bündnis 90/Grüne klar an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert war und Roland Resch als Bildungsminister abdanken musste. Spielmann macht eine risikolosere Karriere als SPD-Bundestagsabgeordnete. Peter erklärt nach parteiinternen Intrigen im Juni 1999 ihren politischen Rückzug, nach der Landtagswahl im September wird sie von Kulturminister Steffen Reiche (SPD) abgelöst.

 

   
31. August 1995

Finanzminister Klaus-Dieter Kühbacher (SPD) verlässt das Amt und tritt den Posten des Chefs der Landeszentralbank Berlin-Brandenburg an. Nachfolgerin wird die ehemalige Hamburger Sozialpolitikerin Wilma Simon (SPD)

 

  Berufung zum LZB-Präsidenten
14. November 1997

Agrarminister Edwin Zimmermann (SPD) wird von Stolpe als "bester ostdeutscher Agrarminister" gelobt und verlässt mit einer tränenreichen Pressekonferenz sein Amt. Vorgeworfen wird ihm die angeblich bevorzugte Förderung von Projekten in seiner Heimatregion und insbesondere die Förderung einer Schaubäckerei auf dem Familienhof, die damals von seiner Tochter betrieben wird. Später nimmt sich ein Mitstreiter Zimmermanns in dem umstrittenen regionalen Förderverein angesichts eines Straf-Gerichtsprozesses das Leben. Agrarminister wird Gunther Fritsch (SPD). Nach der Landtagswahl im September 1999 werden Umwelt- und Agrarministerium zusammengelegt, Minister wird der langjährige SPD-Fraktionschef Wolfgang Birthler. Fritsch wechselt in Gegenrichtung aus dem Ministeramt auf den Posten des SPD-Fraktionschefs.

 

  "Backofen-Affaire"
November 1998

Deutschlands dienstältester Umweltminister Matthias Platzeck (erst Grüne Liga, ab 1990 Bündnis 90, am 6. Juni 1995 Übertritt zur SPD) scheidet auf Drängen Stolpes und der SPD als Minister aus, um am 4. November die Nachfolge des abgewählten und gescheiterten Potsdamer Oberbürgermeisters Horst Gramlich (SPD) anzutreten. Umweltminister wird Eberhard Henne, seine Amtszeit ist bereits nach wenigen Monaten mit der Landtagswahl im September 1999 und dem erdrutschartigen Verlust der absoluten SPD-Mehrheit beendet.

 

  Wechsel in das Amt des Potsdamer Oberbürgermeisters
5. Oktober 1999

Arbeits- und Gesundheitsministerin Regine Hildebrandt (SPD) gibt ihr Landtagsmandat auf, nachdem sie am 4. Oktober bei einem Sonderparteitag der märkischen SPD in Ludwigsfelde eine Kampfabstimmung um die Richtungsentscheidung einer von ihr favorisierten SPD-PDS-Koalition verlor. Sie unterlag mit klarem Stimmenergebnis der Parteitagsdelegierten Matthias Platzeck, der für eine Grosse Koalition aus SPD und CDU geworben hatte. 140 von 145 Delegierten des Sonderparteitags billigten den Koalitionsvertrag mit der CDU. Ihr Ministeramt hatte Hildebrandt nach der Landtagswahl im September 1999 bereits vor dem Start der offiziellen Koalitionsverhandlungen mit der CDU aufgegeben, nachdem Stolpe die Sondierungen mit der PDS für gescheitert erklärt hatte. Nachfolger wird Ex-Innenminister Alwin Ziel (SPD), das Innenministerium wird nach der Bildung der Großen Koalition von CDU-Landeschef Jörg Schönbohm geleitet

 

  Rücktritt nach verlorener Kampfabstimmung gegen Matthias Platzeck um die Frage, ob die SPD mit der PDS oder der CDU koalieren soll
20. September 2000

Nur knapp ein Jahr nach dem Amtsantritt der Grossen Koalition wirft Finanzministerin Wilma Simon (SPD) das Handtuch. Die resolute Finanzchefin fühlt sich durch ständige Nadelstiche des Koalitionspartners CDU politisch gemobbt und steht die Schienbeintritte unterm Kabinettstisch gesundheitlich nicht durch. Nachfolgerin wird die finanzpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Dagmar Ziegler.

 

  gesundheitliche Gründe, politischer Druck durch Koalitionspartner CDU
5. Oktober 2000

Kulturminister Wolfgang Hackel (CDU) wirft auch für seine eigene Partei völlig unerwartet die Flinte ins Korn. Zuvor waren aus unbekannter Quelle über Monate hinweg Details über Hackels Unternehmensbeteiligung, die er in seiner Ministerzeit treuhänderisch an Dritte übergeben hatte, in die Öffentlichkeit gesickert. Als intern offensiv agierender Gegenspieler Hackels in der Landesregierung wurde in Presseberichten über Staatskanzleichef Rainer Speer (SPD) spekuliert. Hackels Nachfolgerin wird auf Vorschlag Manfred Stolpes, den CDU-Landeschef Jörg Schönbohm sehr zum Unmut einiger ehrgeiziger Unionsmitglieder aufgreift, die parteilose Rektorin der Fachhochschule Merseburg, Johanna Wanka. Die Mathematikerin engagierte sich als DDR-Bürgerbewegte im Neuen Forum und trat erst geraume Zeit nach ihrem Amtsantritt als Ministerin der märkischen CDU bei.

 

  Indiskretionen zur treuhänderischen Verwaltung der privaten Unternehmensbeteiligung Hackels im Altenheim-Bereich
26. Juni 2002

Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) kündigt nach kurzen intensiven Gesprächen mit führenden SPD-Vertretern über Nacht seine Amtsaufgabe an und tritt mit der Vereidigung seines Nachfolgers Matthias Platzeck (SPD) im Landtag am 26. Juni 2002 zurück. Die SPD ist kurz vor der Bundestagswahl im Stimmungstief, Stolpes Abschied und Platzecks Amtsantritt lässt die Umfragewerte der SPD in Brandenburg sofort steigen. Angeblich soll die Amtsübergabe bereits Ende 2001 gemeinsam mit Staatskanzleichef Rainer Speer und Platzeck langfristig verabredet worden sein. Platzeck betonte noch kurz zuvor, er wolle bis 2006 Potsdamer Oberbürgermeister bleiben und denke frühestens dann an einen Amtswechsel in der Mitte der nächsten Legislaturperiode. Im Herbst 2002 legt Stolpe auch sein Landtagsmandat in der Lausitz nieder. Er verabschiedet sich komplett aus der Brandenburger Landespolitik und wechselt als Bundesverkehrsminister an den Kabinettstisch von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) nach Berlin.

 

  Stimmungstief der SPD vor der Bundestagswahl 2002 wird in Brandenburg mit Stolpe-Rücktritt überwunden
24. Juli 2002

Justizminister Kurt Schelter (CDU) tritt zurück, nachdem öffentlich über seine damals angeschlagene private Finanzlage berichtet worden war. Zeitweise soll das Ministergehalt Presseberichten zufolge gepfändet worden sein, nachdem er - so Zeitungsberichte - beim Kauf von Ost-Immobilien finanziell vorübergehend ins Trudeln geraten war. Schelter spricht von Indiskretionen aus dem Bereich der Landesregierung und geht juristisch gegen Staatskanzleichef Rainer Speer (SPD) und Regierungssprecher Erhard Thomas vor, dementiert den Kerninhalt der Berichte über seine private Finanzlage jedoch nicht. Speer soll öffentlich über vertrauliche Details der privaten Verschuldung Schelters berichtet haben. Thomas wird vorgehalten, Gerüchte über Schelters Verschuldung generell bestätigt zu haben, ohne Details zu nennen. Nachfolgerin Schelters wird die rechtspolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion und Vorsitzende des Landtags-Rechtsausschusses, Barbara Richstein, die am 14. August 2002 vereidigt wird. Am Freitag, den 13. Februar 2004 stellte die Potsdamer Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen Speer und Thomas ein. Beide hätten sich bei der Kommentierung dieses Falles nicht strafbar gemacht Am 30. August 2004 wies das Oberlandesgericht einen Klageerzwingungsantrag Schelters zurück. Zum Zeitpunkt der Äußerungen der Beschuldigten sei der Presse die Angelegenheit "-auf welchem Wege auch immer- bereits bekannt gewesen", begründete das OLG. Damit habe es sich nicht mehr um Geheimnisse gehandelt. In dem Ermittlungsverfahren ging es um den Vorwurf, die Beschuldigten hätten dienstlich bekanntgewordene Privatgeheimnisse preisgegeben. Nachdem Informationen schon "in der Welt" gewesen seien, könnten sich Speer und Thomas für ihre ergänzenden Auskünfte auf § 5 des Landespressegesetzes berufen, führte der 1. Strafsenat des OLG aus.

 

  private Verschuldung durch Ost-Immobilien
13. August 2002

Arbeits- und Sozialminister Alwin Ziel (SPD) tritt zurück. Die SPD sucht angesichts schlechter Umfragewerte vor der Bundestagswahl nach einem Minister, der sozialpolitische Positionen offensiver vertritt. Ziel scheitert diesmal beim Versuch, innerparteilich Unterstützung zu organisieren, um seinen Rücktritt abzuwenden. Einen Rückzug aus dem Kabinett hatte Ziel bei der Berufung der Landesregierung Platzeck im Juni nachdrücklich abgelehnt. Persönliche oder politische Verfehlungen werden Ziel nicht nachgesagt. Nachfolger wird der Kommunalpolitiker Günter Baaske. Staatskanzleichef Rainer Speer berichtet über eine enge persönliche Freundschaft und gemeinsamen Urlaub mit Baaske, was die Berufung Baaskes ins Kabinett beeinflusst habe. Baaske wird am 14. August gemeinsam mit Richstein vor dem Landtag vereidigt.

 

  Stimmungstief der SPD vor der Bundestagswahl
11. November 2002

Wirtschaftsminister Wolfgang Fürniß (CDU) entschliesst sich zum Rücktritt, nachdem ein privater 1,5 Millionen US-Dollar-Kredit eines Scheichs aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) öffentlich wird, mit dem Fürniß angeblich deutsche Steuerschulden begleichen wollte. Zuvor hatte Fürniß in den VAE jahrelang letztlich ergebnislos mit dem Emirat Dubai über Finanzierung und Bau einer Chipfabrik in Frankfurt an der Oder verhandelt. Der geplante Baubeginn konnte nicht eingehalten, das Projekt musste neu geplant und verkleinert werden. Seit Herbst 2001 lag das Projekt mit kurzer Unterbrechung in einem zeitlich nicht befristeten Baustopp brach. Zudem fiel das Cargolifter-Insolvenzverfahren zeitlich mit dem Ministerrücktritt zusammen. Nachfolger wurde der am 14. November als Minister vereidigte ehemalige Verkehrstelematik-Unternehmer und letzte Vorsitzende der DDR-Bauernpartei, Ulrich Junghanns.

 

  privater Scheich-Kredit
18. September 2003

Hartmut Meyer (SPD), Bau- und Verkehrsminister, erklärt bei einem Empfang zu seinem 60. Geburtstag und zehnjährigen Dienstjubiläum am 18. September 2003 aus persönlichen Gründen überraschend seinen Rücktritt. Er war der letzte Minister aus den Gründerjahren Brandenburgs und dem Kabinett Stolpe in der Landesregierung von Matthias Platzeck. Im Zenit seiner Macht verliess er den Ministersessel mit einer "lang vorbereiteten Lebensentscheidung". Mehr als 150.000 neue Wohnungen, viele grunderneuerte Strassen, neue Ortsumgehungen - doch die Aufbaujahre sind vorbei, das politische Klima hat sich grundlegend gewandelt. Zu den wenigen politischen Niederlagen Meyers gehörte die Pleite der Landesentwicklungsgesellschaft LEG, die im Strudel der Krise am Immobilienmarkt unterging. Neuer Bauminister wird der bisherige Bildungsstaatssekretär Frank Szymanski (SPD), der Ende September im Landtag ernannt und vereidigt wird. Das Verhältnis des politisch sehr standhaften Meyer zu Ex-Ministerpräsident und Bundesbauminister Manfred Stolpe und auch zum Nachfolger Matthias Platzeck galt als nicht einfach. Beide erschienen zum Geburtstagsempfang, bei dem der Minister seinen Rücktritt bekanntgab, nicht. Dafür aber CDU-Landeschef und Innenminister Jörg Schönbohm, der dem als CDU-nah geltenden SPD-Politiker dankte, "60 Jahre sind überhaupt kein Grund, nicht darüber nachzudenken, was man noch alles machen kann". Spekuliert wurde, Meyer geht entweder in die Bauwirtschaft zurück oder könnte gar den wegen des Desasters beim TollCollect-Start angeschlagenen Stolpe als Bundesbauminister ablösen. "Ein Versorgungsfall werde ich nicht", versprach Meyer, der sein Landtagsmandat bis zur Neuwahl im Herbst 2004 behält.

 

  Rückzug aus der Politik als Lebensentscheidung
Januar 2004

Verfassungsgerichtspräsident Peter Macke tritt im Zuge der Trennungsgeldaffaire, von der Dutzende Spitzen-Richter und -Staatsanwälte betroffen sind, von seinem Amt als ranghöchster Richter Brandenburgs zurück, Er soll umstrittene Trennungsgeldzahlungen bezogen haben, als er in der von ihm gemieteten Eigentumswohnung seiner Ehefrau wohnte. Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg kündigt an, Trennungsgeld in erheblicher Höhe zurück zu zahlen, obgleich ihm kein persönliches Verschulden für Überzahlungen nachgesagt wird. Ebenso kündigt Bildungsminister Frank Szymanski (SPD) an, das von ihm bezogene Trennungsgeld zurück zu zahlen. Justizministerin Barbara Richstein (CDU) kündigt disziplinarrechtliche Maßnahmen gegen Oberverwaltungsgerichtspräsident Dieter Liebert an, der ebenfalls zu hohe Trennungsgeldzahlungen bezogen haben soll. Aufgeflogen war die Trennungsgeldaffaire, nachdem Richstein ihren Justizstaatssekretär Gustav Adolf Stange zum 31.12.2002 vor die Tür setzte, weil dieser umstrittene Trennungsgeldzahlungen im Gegenwert einer Mercedes-Limousine zu Unrecht bezogen haben soll. Stange bestreitet dies. In mehreren Fällen leitete die Staatsanwaltschaft im Zuge der Trennungsgeldaffaire Ermittlungen gegen Spitzenjuristen ein. Trennungsgeld hatten ganz überwiegend über Jahre hinweg West-Juristen aus Nordrhein-Westfalen nach ihrem Wechsel nach Brandenburg bezogen. Unter teils fadenscheinigen Ausflüchten hatten sie sich geweigert, vom Land nachgewiesene angemessene Wohnungen an ihrem Dienstort zu beziehen und statt dessen weiter auf Trennungsgeld bestanden. Trennungsgeld darf allerdings nur dann gezahlt werden, so lange ein Beamter ernsthaften Umzugswillen nachweisen kann und dennoch nicht sofort eine angemessene Wohnung für sich und seine Familie am neuen Dienstort findet. Im Mai 2004 wird die Vizepräsidentin des Landesarbeitsgerichts Brandenburg, Monika-Weisberg Schwarz, zur Nachfolgerin Mackes gewählt und nimmt am 6. Oktober 2004 offiziell ihre Amtsgeschäfte als Präsidentin des Landesverfassungsgerichts auf.

 

  Trennungsgeld-Affaire richtet beispiellosen Flurschaden in der Justiz an
20. September 2004

Am Tag nach der Landtagswahl bereitet Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) angesichts neuerlich massiver Wahlverluste seiner Partei von rund sieben Prozentpunkten eine Neubesetzung strategisch wichtiger Funktionen in Kabinett und Landtagsfraktion vor. Er eröffnet Arbeits- und Sozialminister Günter Baaske (SPD), dass er diesen nicht erneut ins Kabinett berufen wird und bietet ihm die Übernahme des Postens als Landtagsfraktionschef an. Baaske wird von den Mitgliedern der um vier Abgeordnete geschrumpften neuen Fraktion am 28. September 2004 mit 28 von 32 Stimmen zum SPD-Fraktionsführer der vierten Legislaturperiode gewählt. Der bis zur Konstituierung des neuen Landtages am 13. Oktober in Personalunion weiter als Minister amtierende SPD-Politiker löst seinen Vorgänger Gunter Fritsch (SPD) ab. Fritsch galt als lustlos und scheiterte als Direktkandidat in seinem Wahlkreis. Die Wahlverluste bescheren der Fraktion monatliche Einnahmeverluste von 80.000 Euro. Baaske macht den bislang vor allem wegen seiner ablehnenden Haltung zum Flughafen-Neubau BBI intern ausgegrenzten Fraktionsrebellen Christoph Schulze (SPD) zu seinem parlamentarischen Geschäftsführer. Dessen Vorgänger Wolfgang Klein (SPD) war in seinem Wahlkreis gescheitert.
Ebenfalls als Direktkandidaten scheiterten Bildungsminister Steffen Reiche (SPD) sowie Agrar- und Umweltminister Wolfgang Birthler (SPD). Am 5. Oktober 2004 eröffnete Platzeck der Landtagsfraktion während der Koalitionsverhandlungen mit der CDU, dass er diese beiden letzten im Kabinett verbliebenen Minister, die noch von seinem Amtsvorgänger Manfred Stolpe (SPD) berufen worden waren, nicht in sein neues Kabinett aufnehmen wird. Reiche hatte bereits seit der Landtagswahl nicht mehr an Kabinetssitzungen teilgenommen und sich durch seinen Staatssekretär Martin Gorholt vertreten lassen. Damit schafft sich Platzeck außer bei Verkehrsminister Frank Szymanski (SPD), der seinen Wahlkreis in Cottbus mit den Erststimmen als Direktkandidat holte, bei der Neubesetzung der Ministerien für Arbeit/Soziales, Bildung und Agrar/Umwelt völlige Handlungsfreiheit und kann erstmals über die Besetzung der SPD-Ministerposten seines Kabinetts frei verfügen. Platzeck hat als SPD-Landeschef und Ministerpräsident den Höhepunkt seiner politischen Karriere in Brandenburg erreicht.

 

  personelle Neuordnung strategisch wichtiger Funktionen in Kabinett und Fraktion nach der Landtagswahl am 19. September 2004
13. Oktober 2004

Mit der Vereidigung ihrer Nachfolger scheiden Arbeits- und Sozialminister Günter Baaske (SPD), Agrar- und Umweltminister Wolfgang Birthler (SPD), Bildungsminister Steffen Reiche (SPD), Justizministerin Barbara Richstein (CDU) sowie Finanzministerin Dagmar Ziegler (SPD) aus ihren Ämtern aus. Ziegler übernimmt das Arbeits- und Sozialministerium.

Das neue Kabinett: Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), Finanzminister Rainer Speer (SPD), Arbeits- und Gesundheitsministerin Dagmar Ziegler (SPD), Agrar- und Umweltminister Dietmar Woidke (SPD), Bildungsminister Holger Rupprecht (SPD), Infrastrukturminister Reinhold Dellmann (SPD) Innenminister Jörg Schönbohm (CDU), Justizministerin Beate Blechinger (CDU), Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU), Kultur- und Wissenschaftsministerin Johanna Wanka (CDU). Die reguläre Amtszeit des Kabinetts endet im Herbst 2009.

 

  Vereidigung der vierten Landesregierung nach der Landtagswahl am 19. September 2004

28. November 2006

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Überschattet von einer Versorgungs-Affaire scheidet Infrastrukturminister Frank Szymanski (SPD) (*1.5.1956) aus der Landesregierung aus, um am 6.12.2006 sein bei der Kommunalwahl am 22.10.2006 gewonnenes Amt als Oberbürgermeister der Stadt Cottbus anzutreten. Zum Abschied soll Szymanski bei der Kabinettssitzung am 28.11.2006 für eine Schaltsekunde zum Staatssekretär ohne Geschäftsbereich berufen und sofort in den einstweiligen Ruhestand verabschiedet werden, um Versorgungsansprüche gegenüber dem Land auch bei einem möglichen Scheitern als Oberbürgermeister zu sichern. Doch Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), sein Staatskanzleichef Clemens Appel (SPD) sowie Finanzminister Rainer Speer (SPD) scheitern mit ihrem gemeinsam entworfenen Plan. Nachdem der Koalitionspartner CDU von dem Vorhaben aus der Morgenzeitung erfährt und eine Protestwelle von Gewerkschaften, Beamtenbund und Parteien aufwogt, muss Platzeck seine Vorlage in der laufenden Kabinettssitzung zurückziehen. Statt dessen spricht der Regierungschef Szymanski eine öffentlich-rechtliche Zusicherung aus, jederzeit als Staatssekretär in den Landesdienst zurückkehren zu können. In der Hauptausschusssitzung des Landtages am 30.11.2006 muss die Landesregierung indes einräumen, dass es ausgereicht hätte, Szymanski bei seinem Ausscheiden aus dem Landesdienst in der gesetzlichen Rentenversicherung nachzuversichern. Allerdings hätte er dann erst wie jedermann mit Erreichen des gesetzlichen Rentenalters und nicht schon vorher Ruhestandsbezüge erhalten.
Als Nachfolger Szymanskis wird sein Staatssekretär Reinhold Dellmann (SPD) (* 11.9.1958) am 12.12.2006 am Rande der Kabinettssitzung von Platzeck zum Minister für Infrastruktur und Raumordnung ernannt. Am Tag darauf wird er im Landtag als Minister vereidigt. Der 48jährige war seit 2004 Staatssektretär bei Szymanski, nachdem Platzeck den damaligen Verkehrsstaatssekretär Clemens Appel zum Staatskanzleichef berufen hatte. Dellmann war in Nachwendezeiten der 90er Jahre Bürgermeister und Amtsdirektor der ehemaligen DDR-Regierungs -Heimatgemeinde Wandlitz nordöstlich von Berlin. Der vormalige Reichsbahner und Verkehrstechnologe gehörte von 1999 bis 2004 dem Landtag an und war Verkehrsexperte der SPD-Fraktion. Dellmanns Staatssekretärin wird die bisherige Geschäftsführerin der Brandenburgischen Bodengesellschaft für Grundstücksverwaltung und -verwertung (BBG), Dorette König (parteilos). Die 42jährige studierte Volkswirtschaft in Kiew und arbeitete zu DDR-Zeiten im Volksbildungsministerium von Margot Honecker (SED). Nach der deutschen Einigung ließ sie sich als Kauffrau der Wohnungswirtschaft ausbilden, studierte berufsbegleitend Immobilienökonomie und trat 1995 bei der BBG ein.
In einer Regierungserklärung entschuldigte sich Platzeck bei der Vereidigung Dellmanns bei den Brandenburgern dafür, dass das Erscheinungsbild seiner Landesregierung nach den Querelen in der großen Koalition deutlich gelitten hatte. Die Koalition habe ihre bisher erzielten Erfolge selbst beschädigt, machte Platzeck deutlich. “Dafür tragen meine Mannschaft und ich selbst auch Mitverantwortung”, räumte der SPD-Politiker ein. Bei den Brandenburgern seien “Zweifel an der Seriosität und Integrität unserer Politik” gewachsen. 2007 werde seine Regierungsmannschaft mit aller Kraft nur daran arbeiten, das Vertrauen der Wähler zurückzugewinnen und Brandenburg auf den eingeschlagenen aus seiner Sicht erfolgreichen Weg weiter voranzubringen.

  Wechsel zum Cottbuser Oberbürgermeister

6. November 2009

 

 

 

 

 

 

Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) bildet gemeinsam mit den Linken die erste rot-rote Landesregierung Brandenburgs. Mit dem Eintritt der Linkspartei in die Landesregierung verlieren alle Minister der seit Herbst 1999 regierenden ersten rot-schwarzen Koalition Brandenburgs ihr Amt: Innenminister Jörg Schönbohm (CDU), Justizministerin Beate Blechinger (CDU), Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) sowie Kultur- und Wissenschaftsministerin Johanna Wanka (CDU). Mit diesen Ministerinnen und Ministern verabschiedet sich die Riege der Staatssekretäre. Zudem rücken zwei SPD-Minister, die zuvor deutliche Kritik am Regierungsbündnis mit den SED-Nachfolgern geübt hatten, nicht mit ins neue Kabinett ein: Sozialministerin Dagmar Ziegler (SPD) geht in den Bundestag, Infrastrukturminister Reinhold Dellmann (SPD) als Abgeordneter in den Landtag. SPD-Fraktionschef Günter Baaske übernimmt wieder seinen alten Job als Sozialminister, im Gegenzug wird Agrar- und Umweltminister Dietmar Woidke Fraktionschef. Dieser Wechsel schafft mehr Platz für SPD-Frauen am Kabinettstisch.

Das neue Kabinett: Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), Innenminister Rainer Speer (SPD), Agrar- und Infrastrukturministerin Jutta Lieske (SPD), Bildungsminister Holger Rupprecht (SPD), Arbeits- und Frauenminister Günter Baaske (SPD), Kultur- und Wissenschaftsministerin Martina Münch (SPD), Finanzminister Helmuth Markov (Linke), Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke), Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke), Gesundheits- und Umweltministerin Anita Tack (Linke). Die reguläre Amtszeit des Kabinetts endet im Herbst 2014.

  Vereidigung der fünften Landesregierung nach der Landtagswahl am 27.9.2009

24. Februar 2010

 

 

 

 

Agrar- und Infrastrukturministerin Jutta Lieske (SPD) legt ihr Amt knapp vier Monate nach ihrer Vereidigung nieder. Lieske suchte aus gesundheitlichen Gründen um ihren Rücktritt nach, wie Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) versicherte. Das Rücktrittsgesuch der 48jährigen habe er "mit Respekt und großem Bedauern" angenommen. Lieske hatte Platzeck zufolge bereits zuvor seit mehreren Wochen "mit akuten gesundheitlichen Problemen" zu kämpfen. Wegen eines Klinikaufenthalts konnte sie ihre Amtsgeschäfte zuletzt nicht mehr führen. Die 1961 geborene evangelische SPD-Politikerin und Mutter dreier Kinder hatte in der DDR Humanmedizin sowie Krippenpädagogik studiert. Nach der deutschen Einigung war sie zunächst kommunalpolitisch engagiert und wechselte 2004 in den Landtag. Als Nachfolger Lieskes wurde ihr bisheriger Staatssekretär Jörg Vogelsänger (SPD) am 25. Februar 2010 im Landtag vereidigt. Der am 17.05.1964 geborene Vogelsänger hatte seinen Wahlkreis Frankfurt (Oder) / Oder-Spree als Direktkandidat bei der Bundestagswahl 2009 an den stasibelasteten Linkspartei-Landeschef Thomas Nord verloren und galt seither in der SPD als Versorgungsfall.

  gesundheitliche Gründe